125. Vereinsjubiläum

125. Vereinsjubiläum

125 Jahre Imkerverein Blankenfelde und Umgebung e. V.

60 Jahre Vereinsmitglied
Interview mit Jubilar Bernd Seglitz (Vereinsmitglied seit 1960)


Langweilig geworden ist es nie! 
 

Der Imkerverein Blankenfelde und Umgebung e.V. wurde am 2. Juni 1895 als Imkerverein „Dreiblatt“ gegründet und feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen. 

Der Imkerverein Blankenfelde und Umgebung e.V. wurde am 2. Juni 1895 als Imkerverein „Dreiblatt“ gegründet und feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen.


125 Jahre sind eine lange Zeit, in der die Imkerei einem ständigen Wandel unterlag und die Imkerschaft vor immer wieder neuen Herausforderungen stand. 60 Jahre der bewegten Historie des Imkervereins hat Vereinsmitglied Bernd Seglitz miterlebt. Er ist Bienenfreund durch und durch, lebt am Waldrand in Mahlow und blickt auf ein bewegtes Leben als Hobby-Imker zurück. Aktuell betreut er noch acht Völker bei sich Zuhause im eigens errichteten Bienenhaus. Zu Höchstzeiten waren es bis zu 40. 


Im Imkerverein Blankenfelde und Umgebung e. V. sind aktuell wieder rd. 70 Mitglieder organisiert, die durchschnittlich 6 Bienenvölker betreuen. Doch das war nicht immer so. Mit nur 32 Imkern mussten die bis 1947 über den Krieg geretteten 425 Bienenvölker (Ø 13 Völker) versorgt werden, wobei die damals bewirtschaftete Bienenrasse nicht gerade sanftmütig war. Bis 1993 wuchs der Imkerverein auf eine ähnliche Mitgliederzahl wie heute, im Durchschnitt wurden da aber noch 10 Völker pro Person bewirtschaftet. Doch mit dem Wegfall der staatlichen Preisstützung und der Aufkaufstellen für Honig durch die politische Wende gaben viele die Imkerei auf und der Verein reduzierte sich bis 1991 auf nur noch 25 Mitglieder und durchschnittlich 4 Völker.

Der Lehrer Adolf Kammann und sechs weitere Mitglieder gründeten am 2. Juni 1895 den Imkerverein Dreiblatt, der im Laufe seiner Historie seinen Namen mehrmals änderte (heute: Imkerverein Blankenfelde und Umgebung e. V.)


(Mehr erfahren...)

Wir haben mit Bernd Seglitz über die Entwicklung des Vereins während der vergangenen Jahrzehnte gesprochen, über die Veränderungen in der Bienenhaltung, die Herausforderungen und Probleme in der Gegenwart und das Glück, sein Leben mit Bienen zu verbringen. 

Jubiliar, aktiver Imker und Bienensachverständiger Bernd Seglitz (81 J.),
60 Jahre Mitglied und Ehrenmitglied im Imkerverein Blankenfelde und Umgebung e. V.

🎤 Bernd, was sind Deine ältesten Erinnerungen an den Verein, die Dir spontan in den Kopf kommen?

Hilfe, die ich vom Vorsitzenden in Anspruch genommen habe! In welche Richtung die Völker gestellt werden. Das ist der Anbeginn gewesen, dem viele Jahre folgten. Mit unterschiedlichen Völkern, Beuten, das waren vorher Strohbeuten, die ich hatte, die mein Vater gekauft hatte. So nach und nach kamen neue Kästen hinzu. Die aber ein anderes Maß hatten, da gab es immer Probleme, da das Wabenmaß unterschiedlich ist. So nach und nach habe ich mich dann auf Deutsch-Normalmaß festgelegt, das habe ich bis heute noch.

🎤 Du warst damals 21 Jahre alt. Wie bist Du überhaupt zum Imkern gekommen?

Das war ein Einfall von meinem Vater damals. Er hatte uns das offenbart, dass er sich Bienen anschaffen will. Und das hat erstmal meinen Interessen entgegengestanden, denn ich war Angler. Ich wollte dann mit den Bienen verschiedene Sachen anders machen und habe das dann auch durchgesetzt - im Einverständnis meines Vaters - und wir haben uns das geteilt. 

🎤 Was wolltest Du beispielsweise anders machen?

Der Umgang mit den Bienen war eine problematische Sache. Weil die Bienen sogenannte Stecher waren. Es waren nicht die Bienen, die wir heute haben. Das war eine andere Bienenart. Heute sind die Bienen pflegeleicht. Es war so, dass die Bienen sich den Parasiten, die es auch damals schon gab, widersetzen konnten. Aber mit der Carnica-Biene war das Imkern dann leichter, man hat auch keine Handschuhe mehr gebraucht. 

🎤 Wie groß war der Verein damals?

Es waren ungefähr 100 Leute. Wir hatten zudem 1300 Völker in dem Verein zu pflegen. Damals war der Honig ein attraktives Produkt, das gefördert wurde durch Wanderzuspruch und Transport der Bienen an die Trachten, z.B. Raps und Obstbaumbestände. Zudem hat der Staat die Förderung von neuen Bienenkästen unterstützt. Ich musste trotzdem auch zehn Jahre warten, dass ich meine bestellten Autoanhänger bekam, womit ich die Bienen transportieren wollte. 

🎤 Was waren Meilensteine in der Geschichte, die Dich geprägt haben?

Der Verlust meiner Bienen aufgrund der bösartigen Faulbrut im Jahr 2000! Die kam zustande, weil Imker mit Schwärmen die Weitergabe der Viren stabilisierten und ich davon letztendlich betroffen war. Und meine Bienenvölker alle getötet werden mussten und die Beuten verbrannt wurden. 

🎤 Du hast dennoch weitergemacht. Und Dich auch für den Naturschutz engagiert, zum Beispiel habt Ihr mit dem Verein auf öffentlichen Flächen Bäume gepflanzt, in denen die Bienen heute Tracht finden. Für welche Themen hast Du Dich im Verein noch besonders stark gemacht?

Da ist die Varroamilbe der Knackpunkt! Mit Eintreten dieser Tiere war ein Umdenken in der Imkerei verbunden. Und seit dieser Zeit war ich der Seuchensachverständige. Da waren Lehrgänge zu besuchen und die Imker haben sich beteiligt.

🎤 Wann kam das Varroa-Problem auf?

In den Jahren so um 1975. Die Aufforderung kam vom Zossener Tierarzt Dr. Roland. Der hatte festgelegt, wie dagegen vorzugehen ist. D. h. die Imker mussten Auskunft geben, wie der Seuchenbefall vorlag. Das war allerdings nicht dem einzelnen Imker überlassen, sondern die Imker mussten sich gegenseitig kontrollieren. Sogenannte Trupps wurden gebildet, die in der Summe die Anzahl aller Imker beinhaltete. Jeder Imker wurde von einem anderen Imker kontrolliert und das war eine aufwändige Sache, aber der erste Schlag kam in dem Moment, in dem die ersten Milben gefunden wurden und man nicht wusste, wo die herkamen. Denn das Problem war, dass man bei den Kontrollen nicht alle Imker erfassen konnte. Es gab gewisse Stände, an die man nicht rangekommen konnte und die somit auch nicht kontrolliert wurden. Zudem gab es Imker, die mit einem imkerlichen Baufahrzug umherfuhren und auch nicht so kontrolliert wurden. 

Der Bestand an Bienenvölkern wurde dann schlagartig geschädigt, weil die Anweisung kam, die Bienenvölker zu töten, die Milben mit sich führten. Das führte unter den Imkern zu einer Art Verschwiegenheit, weil zu befürchten war, dass die Bienenvölker abgetötet werden. Wir hatten noch kein Mittel, und die die dann kamen, waren auch fragwürdig hinsichtlich der Herkunft und die Mittel aus unserer Produktion waren nicht erprobt. Die Wirkung war also fragwürdig. Da wurde dann z. B. bestimmt, zu welcher Zeit die Behandlung stattfinden sollte - zumindest nicht in der Zeit, wenn die Honigernte bevorsteht. Und dann hatten die Imker sehr unterschiedliche Auffassungen. Das Imkerleben hat einen Einschnitt erfahren. Und es wollte jeder seine Bienen erhalten. Aber damit war die Milbe nicht aus dem Weg - im Gegenteil! Sie hat sich fortlaufend vermehrt. Und letztlich sind dabei auch die Völker zu Tode gekommen. Die Fortpflanzungsfähigkeit der Bienen hat die Verluste allerdings glücklicherweise wieder ausgeglichen.

🎤 Nicht nur die Varroa führte zu Einschnitten in der Imkerei. Auch die Wende brachte viele Veränderungen mit sich. Was waren die größten Umbrüche hier im Vereinsleben, die Du beobachtet und erfahren hast?

Heute sind vor allem die Völkerzahlen wesentlich geringer! Wenn es Imker gab, die 40 Völker hatten, haben manche heute nur noch vier. Das ist eine Veränderung, die für die Wertschätzung der Bienen von Nachteil ist!

🎤 Was ist der konkrete Grund dafür?

Die Bienen sind immer noch ein interessantes Medium und viele Leute sind begeistert, scheuen sich aber vor dem mitunter auch aufwendigen Halten solcher Insekten! Letztlich sind es Erfahrungswerte, die den jungen Imkern im Grunde fehlen, was sich nachteilig auf die Entwicklung der Völker auswirkt!

Es gibt noch weitere Gründe, die sich auf nachteilig auf die Imkerei auswirken: der Einsatz von Chemikalien auf den Feldern, zudem sind mit den Flugzeugen, die über unser Territorium fliegen, Verschmutzungen verbunden. Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe - das sind Verbrennungsrückstände, die von den Flugzeugen ausgehen und über die Gebiete hier niederlassen. Mein Honig wurde aber vom Flughafen kontrolliert, es gibt keine nachweislichen Rückstände - nicht nur hier, sondern in ganz Deutschland in der Nähe von Flughäfen - man kann also davon ausgehen, dass von den Bienen die Reinhaltung des Nektars garantiert ist. Honig ist also weiterhin ein gesundes Nahrungsmittel!

🎤 Ist denn die Imkerei in unserer Region gegenwärtig gut gesichert? Gibt es aus Deiner Sicht genug Bienen, genug Tracht und auch genug Nachwuchs unter den Imkern?

Vieles, das den Bienen zugutekommt, wird zeitig abgemäht. Rasenflächen sind ohne blühende Bestände! Und viele Menschen denken, wer sich Bienen hält, soll dafür sorgen, dass etwas blüht, aber ich möchte das nicht so haben. Sie kaufen den Honig gern, aber wenn man bei den Honigverkostern sieht, was im Grundstück blüht, ist das im Grunde beängstigend. Es fehlt an Rücksichtnahme auf die Insektenwelt - das betrifft nicht nur Bienen, das sind auch Hummeln, die einen großen Wert haben, weil sie schon bei niederen Temperaturen ausfliegen und die Leistung der Bienen ergänzen. Wir müssen dem Verlust der Insekten schlechthin mehr Aufmerksamkeit schenken und letztlich ist das, was wir hinterlassen, doch immer wieder bienenunfreundlich.

🎤 Dem wirkst Du so gut Du kannst entgegen. Du hast bis vor kurzem regelmäßig Schulklassen an Deinem Bienenstand empfangen und ihnen die Imkerei näher gebracht. Du hast eine überdimensional große Super-Biene zur Veranschaulichung gebaut und ein Modell, das den Schwänzeltanz der Bienen erklärt. Gibt es denn nach wie vor genügend Interessierte an der Imkerei oder stirbt das womöglich irgendwann aus?

Ich glaube nicht! Meine Vermutungen sind, dass die Fälle, wo Imker mehr als zehn Völker hatten, seltener geworden sind. Aber wenn die Anzahl von Anfängern zunimmt, wovon ich ausgehe, ist die Existenz der Biene weiterhin gesichert. 

🎤 Wie hat sich die Bienenhaltung aus Deiner Sicht in den vergangenen 60 Jahren verändert? 

Die Bienen sind in der heutigen Zeit sanftmütiger. Das ist im Grunde eine Voraussetzung dafür, dass den vielen Neuanfängern der erste Schritt leicht gemacht wird. Doch Vorsicht ist geboten. Selbst wenn es sich weiterhin mit der Varroamilbe in Grenzen halten sollte, dann können nachfolgende Parasiten, wie etwa der Kleine Beutenkäfer - wenn er sich hier ausbreitet - eine starke Bedrohung jeglicher Bienenvölker mit sich bringen. Dadurch ist wieder eine höhere Verlustrate von Bienenvölkern zu befürchten. 

🎤 Bedeutet „Bienenhaltung“ heute etwas anderes als vor 60 Jahren?

Im Anbeginn der Zeit, um die es hier geht, war die Gefährdung durch Milben nicht in dem Maße vorhanden. Und der Absatz von Honig war problemloser. Die BHG (Bäuerliche Handelsgenossenschaft für Landwirte und Landwirtschaftsbedarf in der DDR) hat Honig kannenweise entgegen genommen. Es war nicht das Problem, dass man den Honig vermarkten musste, der wurde im Grund sofort abgesetzt und bezahlt. Zudem war es eine Erleichterung, dass der Transport von Bienen seitens der Genossenschaften vonstattenging, da haben viele Jungimker mit wesentlich höheren Volksbeständen gearbeitet. 

🎤 Sind die Bienen heute glücklicher als vor 60 Jahren?

Richtig ist die Annahme, dass die Bienen unglücklicher sind.

🎤 Warum?

Weil sie den Genuss von Ameisensäure wegen der Varroamilben über sich ergehen lassen müssen, die eine starke Beeinträchtigung der Volksführung mit sich bringt, weil sie die Leistung der Königin hemmt. Diese Einschränkung der Eiablage führt zu einer Disharmonie in den Völkern. Es ist darauf zu achten, dass letztendlich dieser Gang der Strapaze so kurz wie möglich gehalten wird, aber eben mit der starken Kontrolle, dass das Ergebnis so ist, dass die Bienen eine Überlebenschance haben. Von daher ist es schwierig zu bewerten, was die Bienen davon halten, aber wenn die Milbenbelastung zu schlimm wird, gehen die Völker ein. Dem muss entgegen gewirkt werden. Der Erfahrungsaustausch innerhalb der Imkerschaft muss stattfinden.

🎤 Warum faszinieren Dich die Bienen nach so langer Zeit immer noch? Was liebst Du am meisten daran?

Das Bemerkenswerte ist die Ordnung in einem Bienenvolk. Es ist unvorstellbar, welche Strategien sich in dem Bienenvolk entwickeln müssen, dass ein Volksbestand aufrechterhalten wird. Die Information der Bienen untereinander! Der Ausflug in die Trachtangebote verlangt eine hohe Leistung und Disziplin und ist für Menschen eine vorbildliche Leistung. Was die Vielzahl der Einzelwesen in kleinem Raum zu einem derartigen Erfolg führt! Das ist eine Sache, die immer wieder zu bewundern ist. Ich sage immer, dass es nach 60 Jahren Bienenhaltung nie langweilig geworden ist, es sind immer Dinge, die man neu hinzulernen musste und deshalb ist das ein interessantes Metier, sich mit Bienen zu beschäftigen!

Blankenfelde-Mahlow, den 6. Oktober 2020
Das Interview führte Anna Pröhle
 
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